Jahresbericht 2021 und Ausblick 2022

Entwicklungen 2021

Brandschutzvorschriften 2026 – erreichte Meilensteine 

Im Frühjahr 2021 führte die Berner Fachhochschule im Auftrag der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) eine Kundenumfrage zur Evaluation von Handlungsfeldern bei der Revision der Brandschutzvorschriften durch. Insgesamt nahmen über 250 Verbände, Behörden und Einzelpersonen an der Umfrage teil. Die Interessierten haben teilweise sehr detailliert ausgearbeitete Eingaben gemacht. Die Vorschläge und Anregungen aus der Kundenumfrage fielen äusserst unterschiedlich aus. Teilweise widersprechen sie sich sogar in wichtigen Punkten. Die Arbeitsgruppen werden beauftragt, sämtliche Eingaben vor dem Hintergrund der Revisionsziele zu prüfen, die Interessen zu beurteilen und in ihren Lösungen möglichst umfassend zur Geltung zu bringen.

Eine Arbeitsgruppe hat die Grundlagen für eine einheitliche Ermittlung der Kosten von Brandschutzmassnahmen gemäss allgemein anerkannten ökonomischen Regeln erarbeitet. Weiter hat sie die Kosten der relevantesten Brandschutzmassnahmen qualitativ bewertet. Eine weitere Arbeitsgruppe widmete sich einer qualitativen Bewertung der Risikoreduktion derselben Brandschutzmassnahmen. Sie hat die Nutzungen «Wohnen» «Spital» und «Verkaufsgeschäft» bewertet. Das Ergebnis dieser Bewertungen sind Rangfolgen, welche die Kosten bzw. die Risikoreduktion der Brandschutzmassnahmen relativ zueinander aufzeigen. Diese ermöglichen den Vergleich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der verschiedenen Brandschutzmassnahmen in Bezug auf den Personenschutz. Die Ergebnisse bilden eine zentrale Basis für die risikoorientierte Überarbeitung der Brandschutzvorschriften sowie eine essenzielle Grundlage für die weiteren Schritte.

Mitte des Berichtsjahres musste eine neue Person für die Risikoexpertise im Teamsetting der Berner Fachhochschule gefunden werden. Es freut uns, dass mit Dr. Matthias Schubert, Matrisk GmbH, seit August 2021 erneut ein ausgewiesener Risikospezialist Teil des Teams ist. Somit stehen dem Projekt nun wieder alle notwendigen Expertisen zur Verfügung.

Brandverhütung auf Baustellen

Brände auf Baustellen verursachen regelmässig hohe Schadenkosten. Einerseits fehlt den Verantwortlichen wie auch den Ausführenden oft das Wissen bzw. die Sensibilität, um Brandgefahren wirksam zu begegnen. Andererseits erhöhen Zeit- und Kostendruck die Gefahr unsorgfältiger Arbeitsausführung, was zu einem höheren Brandrisiko führt.

Die Direktoren der Kantonalen Gebäudeversicherungen haben eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Brandschutzbehörde, SUVA, Electrosuisse, Gebäudehülle Schweiz, SVS, SIA, Sicherheitsbeauftragten sowie Bauherrenvertretern und der VKF-Geschäftsstelle gebildet. Peter Schiller wurde zum Leiter dieser Arbeitsgruppe ernannt.

In einem ersten Schritt wird ein VKF-Brandschutzmerkblatt erarbeitet. Dieses sammelt die zahlreichen auf verschiedene Dokumente verteilten Bestimmungen zur Brandverhütung auf Baustellen. Diese gilt es, den am Bau Beteiligten in einer für sie verständlichen Sprache aufzubereiten. Zusätzlich zum Merkblatt sind weitere Hilfsmittel wie Referate, Ausbildungen, Plakate sowie Handouts geplant. Sie werden in einem Folgeschritt konkret geplant und ausgeführt.

Beratungsstelle für Brandverhütung aktiv mit Kampagnen

In der Schweiz ereignen sich jährlich rund 10 000 Brände in Gebäuden. Zwischen 13 und 36 Menschen müssen dabei pro Jahr im Feuer ihr Leben lassen. Eine deutlich höhere Anzahl Personen wird verletzt. Die Brandschäden an den Gebäuden verursachen Kosten von rund CHF 310 Millionen pro Jahr. In vielen Fällen sind die Brände auf Unachtsamkeit und Fahrlässigkeit zurückzuführen. Kurz: Sie wären vermeidbar gewesen! Die Beratungsstelle für Brandverhütung (BFB) sensibilisiert die Schweizer Bevölkerung für die Gefahren des Feuers. Nach einem Unglück die Zeit zurückzudrehen, geht leider nur im Film. Genau hier knüpfen die neuen Kampagnen der BFB an. In kurzen emotionalen Videosequenzen macht sie bewusst, welche persönlichen Verluste und Verletzungen Brände anrichten können. Zudem zeigt sie auf, wie einfach es ist, sich vorgängig zu informieren und so selber aktiv Bränden vorzubeugen. 2021 fokussierte sich die BFB in der ersten Kampagne auf die allgemeine Sensibilisierung für die Brandgefahren. In der Advents- und Weihnachtszeit machte sie dann gezielt auf die Gefahren durch Kerzen und Cheminées aufmerksam.

Ausbildung im Rahmen der Coronavirus-Pandemie und Digitalisierung des Ausbildungsangebots

Im Rahmen der Covid-19-Pandemie wurde das Ausbildungsangebot der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) teilweise als gemischte Präsenz-/Online-Veranstaltungen durchgeführt. Als Novum hat im Berichtsjahr die VKF zur Vorbereitung auf die eidgenössischen Prüfungen reine Online-Angebote konzipiert. Die Resonanz der Teilnehmenden war positiv. Im Bereich der Elementarschadenprävention wurde erstmals ein Grundlagenkurs für die französischsprachige Schweiz entwickelt und erfolgreich durchgeführt.

Fachtagungen als Hybridveranstaltungen 

Der Geschäftsbereich Ausbildung plante für 2021 drei Brandschutzfachtagungen. Pandemiebedingt wurde die französische Fachtagung im Winter als reine Online-Veranstaltung mit rund 200 Teilnehmenden durchgeführt. Die Sicherheit und das Wohlergehen der Veranstaltungsteilnehmenden, Partner und Mitarbeitenden steht bei der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen an erster Stelle. Deshalb konnten die beiden im Sommer 2021 geplanten Fachtagungen erstmalig als Vor-Ort-, oder als Online-Anlässe gebucht werden. Die Hybridanlässe fanden grossen Anklang. Knapp 200 Teilnehmende besuchten die Veranstaltungen vor Ort und über 470 Teilnehmende verfolgten die Tagungen mittels Livestream.

Personenzertifizierungen sowie eidgenössische Prüfungen

Der Geschäftsbereich Ausbildung prüft im Rahmen der VKF Prüfungen und der eidgenössischen Prüfungen jährlich mehrere hundert Fachpersonen. Diese Qualifikationsverfahren können mit einem VKF-Zertifikat oder einem eidgenössischen Diplom auf tertiärer Stufe abgeschlossen werden.
Die im Frühsommer stattfindenden VKF-Zertifikatsprüfungen konnten im Rahmen eines Schutzkonzepts ohne Zwischenfälle durchgeführt werden.

Die im November 2020 aufgrund behördlicher Anweisung kurzfristig abgesagten eidgenössischen Prüfungen konnten im Frühsommer 2021 erfolgreich nachgeholt werden. Diesbezüglich war ein weitreichendes Schutzkonzept notwendig, welches die VKF gemeinsam mit dem Schweizerischen Verein von Brandschutz- und Sicherheitsfachleuten (VBSF) und in engem Kontakt mit dem Staatssekretariat für Bildung Forschung und Innovation (SBFI) entwickelte. Im Spätherbst folgten die regulären jährlichen eidgenössischen Prüfungen.

Strategisches IT-Projekt 

Das Projekt Fachanwendung Ausbildung (FAB) wurde nach gut zweijähriger Laufzeit im Frühjahr 2021 abgeschlossen. Der Geschäftsbereich Ausbildung hat damit einen Grossteil seiner Arbeitsprozesse digitalisiert und ist dadurch vor allem im Bereich der Kunden- und Verwaltungsadministration effizienter geworden. Weiter sind die Anforderungen an den Datenschutz abgedeckt. Für die Kunden selbst wurde mit Einführung des Systems eine Plattform geschaffen, auf welcher sie durch ein persönliches Login ihre persönlichen Daten und Zertifikate einfach elektronisch verwalten können.

Schutz vor Naturgefahren

Im Januar 2021 wurde die Plattform von «Schutz vor Naturgefahren» in neuer Darstellungsform und mit zahlreichen neuen Funktionen aufgeschaltet. Sofort ins Auge springt die Kommunikation mittels gezeichneter Bilder, die sich durch den gesamten Auftritt ziehen.

Kernstück der komplett überarbeiteten Internetseite bildet neu die Standortabfrage. Nach Eingabe der Gebäudeadresse erhält jeder Interessierte als Rückmeldung die aktuelle Gefährdung «seines» Gebäudes bzw. des Grundstücks durch Oberflächenabfluss, Hagel, Sturm, Schnee, Erdbeben, Radon, Hochwasser, Rutschung, Steinschlag und Lawine. Bezogen werden die Informationen von den kantonalen Geoinformationsdiensten. Sie sind so immer aktuell. In einem Folgeschritt werden dem Nutzer die notwendigen Schutzmassnahmen präsentiert.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal sind die kantonalen Landingpages. Jede Kantonale Gebäudeversicherung hat die Möglichkeit, ihren eigenen Internetauftritt mit den Dienstleistungen von «Schutz vor Naturgefahren» zu erweitern. Beispielsweise können die schweizweit geltenden Grundlagen mit kantonalen Richtlinien ergänzt werden. Auch ist es möglich, die Standortabfrage in den Internetauftritt der KGV direkt zu integrieren.

Erfahrungsaustausch ESP

Der ursprünglich für das Jahr 2020 vorgesehene Erfahrungsaustausch der ESP-Fachpersonen fand im September 2021 in Montreux statt. Erfreulicherweise nahmen über 70 interessierte Fachpersonen am zweitägigen Anlass teil.

Den Auftakt der Veranstaltung bildeten mehrere Referate zu aktuellen Themen. Anschliessend wurde ein Workshop zum Thema «Gefährdungskarten Oberflächenabfluss» durchgeführt. Ziel war ein Wissensaustausch, wie dieses wichtige Instrument in den Kantonen genutzt und eingesetzt wird. Den Abschluss des ersten Veranstaltungstags bildete eine Exkursion ins «Lavaux».

Der zweite Tag stand ganz im Zeichen weiterer Exkursionen. Die Teilnehmenden konnten sich für zwei verschiedene Programme anmelden. Die erste führte in die Bahnhofsgegend der Stadt Lausanne. In einem Workshop wurden die Lehren aus den verheerenden Starkniederschlägen des Jahres 2018 in diesem Gebiet diskutiert. Die zweite Exkursion führte in die Region Aigle, wo verschiedenste Hochwasserschutzmassnahmen gezeigt und anschliessend darüber diskutiert wurde.

Gebäudeschutz vor Hagel

Nach mehreren eher «ruhigen» Jahren hagelte es im Berichtsjahr vielerorts sehr stark. Es entstanden grosse Schäden an Gebäuden. Dies hatte einen direkten Einfluss auf die beiden Präventionsprodukte der VKF: «Hagelschutz – einfach automatisch» und das «Hagelregister».

Hagelschutz – einfach automatisch

Im Berichtsjahr konnten 484 neue Gebäude mit dem «Hagelschutz – einfach automatisch» ausgerüstet werden. Dies entspricht einer Zunahme von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum war in den vom Hagel am stärksten betroffenen Gebieten am grössten. Im Jahr 2021 wurden rund 745 000 Hagelwarnungen und -entwarnungen ausgesendet. Es sind keine Schäden an Storen von Gebäuden bekannt, die mit der Präventionsmassnahme ausgerüstet sind.

Um die langfristige Zuverlässigkeit und Konnektivität mit Gebäudeleitsystemen beizubehalten, wurden im Berichtsjahr die Benutzeroberfläche und die zugehörigen Programmierungen und Schnittstellen dem Stand der Technik angepasst.

Hagelregister

Basis für einen Eintrag ins Hagelregister sind Prüfungen nach den VKF-Prüfbestimmungen Hagel. Aktuell umfassen diese 37 Dokumente. Durch die stetige Zunahme der Anzahl Hageltests in den letzten Jahren sind die Beteiligten bei einigen Bauteilen zu neuen Erkenntnissen gelangt. In der Folge wurden in den letzten Jahren mehrere Prüfbestimmungen von der Fachkommission Elementarschutzregister überarbeitet und als neue Versionen publiziert. Die VKF-Prüfbestimmungen Hagel widerspiegeln den aktuellen Stand der Technik in Bezug auf die Prüfung der Hagelfestigkeit von Bauteilen.

Die VKF hat in den letzten drei Jahren Hagelprüfungen von Schweizer Gesuchstellern partiell finanziell unterstützt. Dies wurde vom Markt positiv aufgenommen, geschätzt und rege genutzt. Das Berichtsjahr war zugleich das letzte Jahr, in dem die Hagelprüfungen vergünstigt wurden.

Die Nutzerzahlen des Hagelregisters Schweiz entwickeln sich weiterhin positiv. Gegenüber dem Vorjahr weist das Hagelregister im Jahr 2021 über 60 Prozent mehr Zugriffe auf. Die internationale Zusammenarbeit mit Österreich und Deutschland lief reibungslos und fördert die Akzeptanz des Registers in allen drei Ländern.

Neue Zusatzangebote der Wetter-Alarm-App

Wetter-Alarm warnt seit 2011 mittels Push-Benachrichtigungen vor Unwettergefahren. Das Dienstleistungsangebot rund um die App wird laufend weiterentwickelt. So lancierte die Geschäftsstelle im März 2021 «persönliche Alarme». Dadurch bietet Wetter-Alarm allen Kunden die Möglichkeit, unabhängig von Unwettergefahren, auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Benachrichtigungen zu erhalten. Als Datenbasis dienen Modellrechnungen von Wetterprognosen. Mögliche Einsatzzwecke von «persönlichen Alarmen» sind vielfältig: Zum Beispiel lassen sich im Bereich der Freizeitgestaltung, für Informationen rund um die Wohnsituation oder in Bezug auf den Arbeitsweg unzählige persönliche Alarme aufsetzen.

Der Sommer 2021 wird in der Schweiz vielerorts mit zahllosen Unwetterschäden in Verbindung gebracht. Der Wetter-Alarm profitierte während des ersten halben Jahres vom gesteigerten Interesse an (Un-)Wetterinformationen und konnte einen wertvollen Beitrag zur Schadenprävention leisten, wie zahlreiche Rückmeldungen aus der gesamten Schweiz zeigen.

Ausblick 2022

Zukünftige Ausbildungsangebote

Trotz der auch im Jahr 2021 zahlreichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie konnte im Bereich Brandschutz zusätzlich ein neues, rein online-basierendes Ausbildungsangebot geschaffen werden, welches künftig weitergeführt wird. Ausserdem wird ein neu erarbeitetes Rahmenkonzept für die Weiterentwicklung und Überarbeitung des bestehenden Brandschutz-Ausbildungsangebots eine wichtige Grundlage schaffen. In Zukunft soll auch im Bereich Elementarschadenprävention das Ausbildungsangebot bedarfsgerecht entwickelt werden. Ein Hauptaugenmerk wird insbesondere in der Schulung der Brandschutzvorschriften 2026 liegen. Diese wird für den Geschäftsbereich Ausbildung Projektcharakter haben und muss entsprechend akribisch geplant werden.

Start Projekt Wissensaustausch-Plattform Naturgefahrenprävention auf Cloud-Basis

Der Wissensaustausch unter den einzelnen Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) ist in allen Fachgebieten seit langem ein wichtiger Bestandteil. Der starke Ausbau der personellen Ressourcen im Bereich der Naturgefahrenprävention bei den KGV hat in diesem Bereich das Bedürfnis verstärkt. Dieses wird beim persönlichen Wissensaustausch einerseits durch die Kommissionen und andererseits durch den jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch bereits gut abgedeckt. Was aktuell noch fehlt, ist eine Wissensaustauschplattform für alle Mitarbeitenden der KGV in der Naturgefahrenprävention. Diese Lücke wird mit dem Extranet-Pilotprojekt «Wissensaustauschplattform Naturgefahren» geschlossen. Auf der Basis von MS Teams wird, gemeinsam mit Exponenten der KGV, eine Austauschplattform erarbeitet, die anschliessend von der VKF umgesetzt und betrieben wird. Ziel ist es, das an zahlreichen Stellen erarbeitete Wissen allen Interessierten niederschwellig zugänglich zu machen. Die Plattform wird vom aktiven Mitmachen der Nutzer leben.

Jahresbericht 2021 und Ausblick 2022